Отто Людвиг. Наследственный лесничий (Der Erbförster)

Отто Людвиг. Наследственный лесничий

(Отрывок)

Trauerspiel in fünf Aufzügen

Personen:
Stein, ein reicher Fabrikherr und Güterbesitzer.
Robert, sein Sohn.
Christian Ulrich, Förster des Gutes Düsterwalde, genannt der Erbförster.
Sophie, seine Frau.
Andres, Forstgehülfe bei Ulrich,
Marie,
Wilhelm, beider Kinder.
Wilkens, ein großer Bauer, der Försterin Oheim.
Der Pastor von Waldenrode.
Möller, Steins Buchhalter.
Jäger Gottfried, genannt der Buchjäger.
Weiler, Ulrichs Holzhüter.
Der Wirt von der Grenzschenke.
Frei,
Lindenschmied, Wilddiebe.
Kathrine.
Bastian, Steins Diener.
Zwei Träger.

Das Stück spielt abwechselnd im Jägerhaus von Düsterwalde und in Steins Schloß zu Waldenrode, einmal im dritten Aufzug in der Grenzschenke und im Heimlichen Grunde.

Erster Aufzug.

Jägerhaus von Düsterwalde.

Im Hintergrunde des Zimmers eine Flügeltür und ein Schrank, zu beiden Seiten gewöhnliche Thüren. Rechts ein Fenster; links im Hintergrunde der Ofen; weiter vorn eine Schwarzwälder Uhr; dann ein Riegel, an dem mehrere Flinten, darunter zwei doppelläufige, Jagdtaschen und dergleichen Gerät hängen, und ein Bücherbord, auf welchem Bibel und Gesangbücher liegen.

Erster Auftritt.

Man hört in der Szene Musikanten ein Stückchen blasen.

Weiler, langsam sich umsehend, durch die Mittelthür; die Försterin, zugleich geschäftig von links. Dann Andres, Wilhelm, zuletzt Marie.

FÖRSTERIN. Da sind die Musikanten schon. Wo hab' ich nur den Kellerschlüssel? Die Musik muß zu trinken haben. – Der Weiler?

WEILER. Der Weiler. Wo ist denn der Alte? Der Förster?

FÖRSTERIN. Mein Mann? Ist er nicht draußen?

WEILER. Von wegen mit den Holzhauern. –

FÖRSTERIN. Kann Er nicht warten?

WEILER. Warten? Behüte. Alle Hände voll zu thun.

FÖRSTERIN. So mach' Er, daß Er fortkommt.

WEILER sehr ruhig Tabak in seine kurze Tonpfeife stopfend. Ja.

FÖRSTERIN. Sollt' er vielleicht schon mit dem Herrn Stein –

WEILER. Ja; Sand gestreut schon am Dienstag. Und die Guirlanden draußen an der Thür – Heut ist doch gar die Verlobung vom Herrn Robert Stein und der Jungfer Marie? Da wird die Freundschaft noch erst recht dick werden, wenn's heißt: »Der Herr Schwiegervater Stein«. Und das ist noch nicht einmal alles. Der Stein hat nun auch das Gut gekauft, worauf der Ulrich Förster ist. Der dicke Advokat aus der Stadt hat's gestern richtig gemacht. Und der Stein ist heut als Herr von Düsterwalde aus seinem Bett gestiegen.

FÖRSTERIN. Hier den Tisch –

WEILER indem sie den Tisch zusammen tragen, auf der linken Seite. Wird's der Ulrich gut kriegen, nun sein alter Freund sein Herr geworden ist und noch obendrein sein Schwiegervater wird.

FÖRSTERIN. Weiter nach dem Ofen zu. Noch einer muß herein.

WEILER in sich hineinlachend. Wahre Kesselflicker die beiden, der Stein und der Ulrich. Alle Tag ein mal Zank.

FÖRSTERIN. Warum nicht gar Zank? Scherz ist's. Geschäftig hinaus, gleich darauf wieder herein.

WEILER hinter ihr her gestikulierend bis an die Thür. Scherz? Da hat sich's. Der eine hitzig, der andre eigensinnig. Seit sich's um den Kauf handelt, da ist das Durchforsten der tägliche Zankapfel. Die reichen Leute wollen doch immer auch was verstehn, wenn's auch nichts ist damit. Da meint der Stein, wenn er allemal die andere Reihe Bäume wegschlüg' im Wald, da bekäm' die erste mehr Licht und mehr Platz zum Wachsen. Kann auch sein, daß der Buchjäger das aufgestöbert hat in einem alten Buch. Aber damit kommt er dem Ulrich schön an. Noch vorgestern denk' ich, sie fressen einander auf, daß von keinem was übrigbleibt. Der Stein: »Es wird durchforstet.« Der Förster: »Es wird nicht durchforstet.« Der Stein: »Aber es wird durchforstet.« Der Förster: »Aber es wird nicht durchforstet.« Der Stein: »Aber es wird durchforstet.« Der Förster: » Aber es wird nicht durchforstet.« Der Stein auf; den Rock zu, zwei Knöpfe auf einmal, zwei Stühle über den Haufen gerannt und – fort. Ich, denk' ich, nun wird's doch einmal aus sein mit der Freundschaft? Ja, prosit Mahlzeit! Das war vorgestern nacht, und gestern früh – kaum war's Tag – wer da vom Schloß daher gepfiffen kommt und an des Försters Fenster pocht, als wär' nie nichts passiert – das ist der Stein. Und wer schon eine Viertelstunde gewartet hat und drin sein »Gleich!« unter dem weißen Schnauzbart hervorschnarcht – das ist der Ulrich. Und nun miteinander hinaus, mir nichts, dir nichts – in den Wald – als wär' nie nicht kein Zank gewest. Und das fällt auch keinem Menschen mehr auf. Nachts gezankt und früh miteinander in den Wald – als müßt's so sein. Aber macht er's denn mit seinem Jungen anders, der Stein? mit dem Robert? Der Stein? Hat der nicht schon ein halbdutzendmal fortgewollt? Und hernach ist er wieder zu gut. Konfuse Wirtschaft das! Während des letztern ist er Schritt vor Schritt vor dem Tisch zurückgewichen, den Andres und Wilhelm hereingetragen bringen und an den bereits zur Linken stehenden Tisch fügen, der in der Richtung von der Rampe nach dem Hintergrunde steht.

FÖRSTERIN. Hierher. So. Und nun Stühle, Jungens. Aus der obern Stube. Der Weiler könnte wohl –

Andres und Wilhelm ab.

WEILER pressiert, indem er sich zum Gehen fertig macht. Wenn er nicht die Hände voll zu thun hätte, der Weiler! Draußen mit den Holzmachern – dann wegen des Tannensamens und von wegen mit dem Salz – da – ich kann nicht zu Gedanken kommen vor der Arbeit. Und der Alte – Gebärden, Ulrichs Strenge andeutend.

FÖRSTERIN. Na; ich will nicht schuld sein, wenn Er etwas versäumt. Geht wieder.

WEILER ganz ruhig. Ja. Den Finger an der Nase. Aber ob er auch jetzt allemal der erste sein wird, der die Hand bietet? Der Stein? Wenn er nun des Försters sein Herr ist? Ja; ich will nicht prophezein, aber – der Herr hat doch allemal recht, weil er der Herr ist. Hm. Wenn's mal was Ernsthaftes gäbe! Hab ohnehin mal wieder die lustigen Gesichter satt.

FÖRSTERIN mit Andres und Wilhelm, die Stühle tragen. Sieben, acht, neun, zehn Stühle. Zählt nochmals leise. Ja.

WEILER. War auch kein übel Gesicht das, was der Buchjäger gestern schnitt, Mosjeh Andres; Sie haben auch wieder was mit ihm vorgehabt.

FÖRSTERIN. Mit dem rachsüchtigen brutalen Menschen? Sie deckt die Tafel.

ANDRES. Wer kann mit dem in Frieden leben?

FÖRSTERIN. Nun; geschehn ist geschehn. Aber in acht nehmen darfst du dich vor dem.

WEILER. Sela. Denn es ist kein Glied an dem Kerl, woran der Kerl nicht schlecht wär'.

ANDRES. Ich fürcht ihn nicht.

FÖRSTERIN. Du, Wilhelm, ins Gärtchen! Kaiserkronen, Löwenmaul, Rittersporn – nur was Großes, damit es ein Ansehn hat im Glas. – Steins werden bald kommen mit Herrn Möller, dem Buchhalter –

WEILER. Dem Hagestolz –

FÖRSTERIN. Sieh doch, Andres, ob der Vetter Wilkens noch nicht kommt?

Andres, Wilhelm ab.

WEILER. Der Wilkens kommt auch?

FÖRSTERIN betonend. Der Herr Wilkens? Wird nicht ausbleiben, wenn seiner Muhme Tochter Verlobung hat!

WEILER. Hm, freilich. Hat Geld, der Herr Wilkens. Der größte Bauer in der Gegend. Ich war auch einmal ein Herr Weiler. Eh' mir die Gläubiger meinen Kaffeeladen zuschlossen. Da haben sie den »Herrn« in die Thür geklemmt. Da steckt er noch. Nun ist's »der Weiler« schlechtweg. »Der Weiler könnte« – »weil der Weiler doch einmal da ist« etcetera. Manchmal, wenn mir's Vergnügen macht, ärgr' ich mich drüber. Ein eigen Vergnügen, sich zu ärgern – aber es ist eins. Hui, da kommt die Jungfer Braut.


Marie tritt auf; während des Folgenden wird von den Frauen die Tafel gedeckt.

WEILER. Hui! wie ein Eichhörnchen.

FÖRSTERIN. Der Weiler will dir eine Schmeichelei sagen, Marie. Er hat seine aparte Art.

WEILER. Ja. Schad't nichts. Grob oder fein. Wenn das Weibsen nur merkt, daß es geschmeichelt sein soll, da ist es schon zufrieden. Wie wenn die Jungen so'n glattes Kätzelchen streichen. Sanft oder rauh, wohl oder weh, es kann sich's nicht erwehren zu spinnen.

MARIE. Und der Vergleich war wohl auch eine Schmeichelei?

WEILER. Wenn Sie spinnen müssen, wird's schon gestreichelt gewesen sein.

MARIE durchs Fenster sehend. Er kommt, Mutter.

FÖRSTERIN. Der Robert?

WEILER. Da will ich nun zu meinen Holzmachern. Sonst fludert der Alte! Ab.

FÖRSTERIN nachrufend. Wenn er nicht hereinkommen kann, will ich Ihm sein Teil aufheben. – Ein ungemütlicher Mensch! Und höflich wird er nunmehr auch nicht. Das kommt noch aus seiner guten Zeit her. Und deshalb sieht's ihm auch dein Vater nach. Weil sie alte Kameraden waren. Der Buchjäger gehörte auch dazu. Wie der sein Vermögen vertrunken hatte, kam er an den Stein. Die Tafel übersehend. Hier oben der Bräutigamsvater. Daneben deiner. Dann der gute launige Herr Pastor. Wenn der nicht wär', wär' der Robert längst fort.

MARIE. Mutter, dasmal war der Robert so wild, so ungestüm –

FÖRSTERIN. Ja; dasmal konnte der Pastor und wir ihn kaum halten. Zählt die schon Genannten noch einmal. Dann hier Herr Möller. Und dort dein Herr Pate, der Herr Vetter Wilkens. Dann hier ich, dort Robert und du. Untenan endlich Andres und Wilhelm. Wie die Zeit vergeht! Wenn ich an meinen Verlobungstag denke! Da war ich nicht so glücklich als heut.

MARIE. Mutter, ob's jedem Mädchen so ist, das eine Braut werden soll, wie mir?

FÖRSTERIN. Hat nicht jede so große Ursach' froh zu sein wie du.

MARIE. Aber ist denn das auch Fröhlichkeit, was ich fühle? Mir ist so schwer, Mutter, so –

FÖRSTERIN. Freilich; wie dem Blümchen, an dem ein Tautropfen hängt. Es hängt den Kopf, und doch ist der Tau ihm keine Last.

MARIE. Als wär's unrecht von mir, daß ich den Vater verlassen will – Wenn's gleich um Robert ist.

FÖRSTERIN. Das Wort Gottes sagt: »Das Weib soll Vater und Mutter verlassen und am Manne hangen.« – Bei mir war's noch anders als bei dir. Dein Vater war schon ein schmuckes Mann – nicht mehr so jung, aber hoch und straff wie eine Tanne; sein Bart war damals noch kohlschwarz. Es sah gar manche nach ihm um, die ihn gern gehabt hätte; das wußt' ich. Aber er war mir zu ernst und streng; alles nahm er so genau, und auf's Vergnügen hielt er gar nichts. Es war nicht leicht, sich in ihn zu schicken. Brotsorgen hab' ich nicht gehabt. Und daß er mich etwa schlecht behandelt hätte – das müßt' ich auch lügen, wenn schon er barsch thut.

MARIE. Und mehr hatt'st du nicht gehofft? Mehr nicht?

FÖRSTERIN. Wenn der liebe Gott alles erfüllen sollte, was solch ein Mädchenherz hofft, das selber nicht weiß, was es will! Aber da kommt Robert. Wir wollen recht fröhlich sein, damit er nicht in seine Gedanken fällt.

Zweiter Auftritt.


Robert. Vorige.

ROBERT. Guten Morgen, liebe Mutter. Guten Morgen, Marie.

FÖRSTERIN. Guten Morgen, Herr Bräutigam in Hoffnung.

ROBERT. Wie ich mich freue, Sie so heiter zu sehn. Aber du, Marie? Du bist traurig, Marie? Und ich bin so froh. So überfroh! Den ganzen Morgen schon bin ich im Wald. Wo die Büsche am hellsten funkelten vom Tau, da drängt' ich mich durch, daß die feuchten Zweige mir ins glühende Gesicht schlagen mußten; da warf ich mich ins Gras. Aber es litt mich nirgends. Mir war, als könnte mir nichts helfen, als wenn ich laut weinte. – Und du, sonst so frisch und munter wie ein Reh – du bist traurig? heute traurig?

FÖRSTERIN. Sie freut sich gewiß, lieber Robert, aber Sie kennen sie ja von klein auf – wo andre laut werden, da wird sie still.

MARIE. Nein, Robert; traurig bin ich gewiß nicht; mir ist nur so feierlich. Den ganzen Morgen schon. Wo ich geh' und steh, als wär' ich in der Kirche. Und –

ROBERT. Und –

MARIE. Und daß nun bald das Leben wie hinter mir abreißen soll, wie unter mir versinken und ein neues angehn soll, ein so ganz neues – sei nicht böse, guter Robert; – das ist mir so eigen, so ängstlich –

ROBERT. Ein neues Leben? Ein so ganz neues Leben? Es ist ja noch immer das alte Leben, Marie, nur schöner. Es ist ja noch immer der alte liebe Baum, unter dem wir sitzen, nur daß er blüht.

MARIE. Dann, daß ich den Vater verlassen soll! – und die Mutter. Das Alte seh' ich vergehn, das Neue seh' ich nicht kommen; das Alte muß ich lassen, und das Neue kann ich nicht erreichen –

ROBERT. Mußt du denn den Vater lassen? Bleiben wir nicht alle beisammen? Hat nicht deshalb mein Vater das Gut Düsterwalde gekauft?

FÖRSTERIN. Das ist die Angst, die man im Frühjahr hat, man weiß nicht woher? und nicht warum? Und im Frühjahr weiß man doch, daß es nur immer noch schöner werden muß, und fürchtet sich doch. Man fürchtet sich eben vor dem Glück. Nun sollen sich meine liebsten Wünsche erfüllen und – geht mir's denn anders? Kann ich mir nicht ordentlich wünschen, es wär' ein Braten verbrannt oder es zerbräch' etwa von den feinen Tellern einer? Glück ist wie Sonne. Ein wenig Schatten muß sein, wenn's dem Menschen wohl werden soll. Ich will nur nachsehn, ob's in der Küche nicht ein wenig dergleichen Schatten gesetzt hat. Ab links.

MARIE nachdem sie und Robert einige Augenblicke schweigend gegenübergestanden. Fehlt dir was, Robert?

ROBERT. Mir? Nein. Vielleicht –

MARIE. Du bist noch auf deinen Vater böse? Und er ist so gut!

ROBERT. Daß er so gut ist! Daß seine Güte fast schwerer zu tragen ist als seine heftigen Launen! Sein Zorn verletzt nur, seine Güte demütigt. Seinem Zorn setz ich meinen Stolz entgegen – aber was seiner Güte?

MARIE. Und du wolltest fort, du böser Robert, und uns alle verlassen!

ROBERT. Ich wollte, aber ich bin ja noch da. Oh, das war eine böse Zeit! Ich war an allem irr, an dir, Marie, an mir selbst. Aber das ist ja nun alles vorbei. Ein wenig Schatten muß sein, aber nur nicht zuviel. Komm, Marie. Hier im Haus ist's so schwül. Die Musikanten sollen uns das fröhlichste Stückchen aufspielen, das sie können. Sie wollen ab.

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