09.05.2013
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Проект «Wordyssey». Четверта країна, четвертий перекладач: Андреас Третнер, м. Берлін, Німеччина.

Проект «Wordyssey». Четверта країна

Четвертою країною, в яку з Чехії вирушили вірші перекладацького проекту «Wordyssey», стала Німеччина. Радо підтримав проект та потурбувався про оновлений вигляд п'яти українських поез німецький перекладач, критик та журналіст Андреас Третнер.  

Андреас Третнер (Andreas Tretner, 1959) - німецький літературний перекладач з російської (Віктор Пєлєвін, Володимир Сорокін, Михайло Шишкін та ін.), болгарської (Yordan Radichkov, Peyo Yavorov, Christo Karastoyanov) і чеської (Josef Skvorecky, Jachym Topol, Josef Capek). Редактор, критик, журналіст, співзасновник Radio Blau та Community Radio в Лейпцигу. Проживає в Берліні.

 Andreas Tretner (1959), German literary translator from Russian (Victor Pelevin, Vladimir Sorokin, Mikhail Shishkin et al.), Bulgarian (Yordan Radichkov, Peyo Yavorov, Christo Karastoyanov) and Czech (Josef Skvorecky, Jachym Topol, Josef Capek). Editor, Critic, Journalist, Co-Founder of  Radio Blau, Community Radio in Leipzig. Lives in Berlin. 

 Маріанна Кіяновська — українська поетеса, прозаїк, есеїст, перекладач, літературний критик та літературознавець. Член Національної спілки письменників України. 1997 року закінчила філологічний факультет Львівського університету. Координатор Львівського осередку Асоціації українських письменників.

 Marijana Kijanovska                     

Diptychon (Miłosz gewidmet)

wenn doch die stadt, wo alles anfing

nur eine stadt wäre

ort und

nicht anlaufpunkt

nicht unmengen fotografien

von gesichtern und gesichtslosem

wenn der wind, wenn der schnee

wenn olive und zitrone

wenn kaffee und wein

wenn all das, was ausnahmslos

die mitte des buches verdeckt

keine flecken hinterließe

zum beispiel auf der haut oder auf dem pflaster

indem wir schatten werfen

wenn das vergangne nur vergangen wäre

oder mehr als vergangen

mehr als das

dann wäre der dichter nur ein dichter

oder mehr als ein dichter

mehr als nur der

ginge auf und unter

auf und unter

auf und unter

und immer so fort

der tod als sonne zwischen den zeilen

wie auch dahinter

und vogel vernunft

wäre nicht im nest noch im käfig

nicht im bart noch im auge

nicht in der hand noch im mund

sondern irgendwo drinnen

im innern

zuinnersten

fußläufig

flugunfähig

stünde auf, setzte sich nieder

und immer so fort

 Сергій Жадан — український письменник, перекладач та громадський діяч. Літературні твори Сергія Жадана одержали численні національні та міжнародні нагороди, були перекладені тринадцятьма мовами. Сергій Жадан є також активним організатором літературного життя України, учасником мультимедійних мистецьких проектів, а також акцій громадянської непокори.

Serhij Zhadan 

Liebe bis in den Tod

Weißt du noch, dieses verdächtige Haus?

Da wohnten trostlose Zombies.

Erst dieses Drunter und Drüber, Schlafen auf Stühlen

und in Wannen, etliche elende Hotelnächte,

und jetzt deine Hand am nackten Ziegel,

seiner Wärme, seiner Dicke,

echte Lehmziegel.

Weißt du noch, der Alte? Wir trafen ihn auf der Treppe.

Gegen die Wand gedrückt, damit wir vorbei konnten,

totenstarr, misstrauisch glotzend.

Jeder deiner Bewegungen folgend,

geblendet vom Strahlen

deiner Porzellanknöchel, wie sie aufglänzten

in den Säulen aus Licht und Staub,

von der Süße deiner hitzeschleudernden Knie.

Der Wachtmeister, der uns aufsuchte in dieser Sache, war misstrauisch und ungläubig,

als er fragte: „Wie kann das sein? Einen Monat! Einen ganzen Monat!

Bemerkten Sie sein Verschwinden denn nicht? Dass er nicht auftauchte? Einen Monat lang?“ –

„Nein, wirklich nicht“, rechtfertigte ich mich, „es war der schönste Monat meines Lebens.“ –

„Und der Geruch?“ beharrte der Wachtmeister. „Der Geruch fiel Ihnen nicht auf?“ –

„Nein, wieso“, hielt ich dagegen, „das Leben riecht manchmal auch nicht anders.“ –

„Wissen Sie, dass er im Bett gestorben ist? Gerade über Ihrem Kopf? Eingesogen von der Matratze,

breitgelaufen auf den Dielen. Fehlte nicht viel, und er wäre Ihnen von der Decke getropft.“

Vor dem Fenster fing damals ein unbeschreiblicher Sommer an,

das Radio brachte bittere Berichte,

und wäre ich fähig gewesen zu sterben, der Tod hätte mich beim Nachrichtenhören ereilt.

Du hast mein Herz ergriffen, als es stillstehen wollte, und Hoffnung nachgefüllt,

damit es unter deinen Händen wieder zu schlagen begänne.

Was sagt einer, der sich umsieht nach dir?

Was kann einer sagen, der dich erblickt?

Dich lieben bis in den Tod.

Ich werde dich lieben bis in den Tod.

Den wir gewärtigen, damit wir uns emporschwingen können

oder hinabvertiefen in die Finsternis der Tunnel und Grotten.

Mach weiter, Zombie, klappere mit den Knochen,

besinge den Tod, beklimpere ihn

auf deinem zerdroschenen Banjo.

Singe von dem, was du besser weißt als jeder andre.

Die Zeit ist nicht Herr über uns, unser Gesang vertreibt sie.

Selig schwappt die Liebe in der hohlen Hand,

mit der wir täglich die Blumen gießen

auf unseren Gräbern.

 Богдана Матіяш — поетеса, редактор, літературний критик. Навчалася в Національному університеті «Києво-Могилянська академія». 2004 року закінчила магістерську програму «Філологія. Історія, теорія літератури та компаративістика». У 2004-2008 рр. була аспіранткою кафедри філології. Добірка віршів «Твоя любов проста й усміхнена» увійшла в антологію «Метаморфози. Десять українських поетів останніх десяти років». Перекладає з польської й білоруської мов. Редактор видавництва та часопису «Критика». Представник київської редакції часопису «Український журнал» (Прага). У 2010 році отримала нагороду від Союзу Українок Америки та Фундації Лесі та Петра Ковалевих за збірку «розмови з Богом».

Bohdana Matijasz

die welche lieben sich sehnen schau nur wie schön sie sind

scheu wie das erste morgenlicht

und wie tauben so zutraulich

die welche lieben sieh doch wie freigiebig sie sind

und wie bereitwillig sie annehmen was ihnen über den weg läuft

sieh diese hände voller schätze

diese haut diese augen die helle freude

im seligen lächeln die ruhe

so friedfertig wie ein leichter sommerwind

die welche lieben sind wie delphine

die aus dem wasser schnellen im arglosen übermut

wellenringe streuen hundertfach

mit licht um sich werfen

es lehrt uns zu danken für alles was ist und alles was nicht ist

es lehrt uns sanftmütig und vertrauensvoll näherzutreten

sich wieder zurückzuziehen ohne umschweife

so wie am abend allmählich das licht erlischt der vogel verstummt

so wie das wasser der erde zufließt und wieder auftaucht

 Остап Сливинський — український поет, перекладач та літературознавець. У 2000 році закінчив Львівський університет, після чого чотири роки навчався в аспірантурі при кафедрі слов'янської філології. 2007 року захистив кандидатську дисертацію на тему «Феномен мовчання в художньому тексті (на матеріалі болгарської прози 60-90-х років ХХ століття)». Співупорядник перекладної українсько-білоруської поетичної антології «Зв'язокрозрив».

Ostap Slyvynskyj

Etwas da vorne war immer am Leuchten

Etwas da vorne war immer am Leuchten –

und eine Landmarke war das nicht,

kein Signal von Verirrten,

keine Feuersbrunst, keine Warnbake,

niemandes Behausung,

auch niemandes Jagd oder Krieg,

der hierzulande dauern kann,

nicht Mensch noch Tier,

kein dürrer Baum,

der in sein eignes Fegefeuer fiel,

unverwüstlich wie die Seele im Leuchtkörper, nicht

Aufforderung noch Einflüsterung, nein,

etwas,

das solidarisch ist mit uns Ausweglosen,

trostlos, wenn wir untröstlich sind,

gelassen, sofern wir uns dreinschicken in den Verlust.

Bitten und Flehen gegenüber taub,

in Kriegs- wie in Friedenszeiten,

unruhig nichtsdestoweniger, wenn

unser Schweigen zu lange anhält.

Leuchtend gleichermaßen

für kleine Kontinentalfürsten und die,

die von ihnen die Treppen hinabgehetzt werden.

Kurzsichtig und bedächtig

wie greise Mütter.

Und keine Hoffnung, das

kommt schon mal vor,

es gibt keine Hoffnung,

das ist nun mal so.

A ani naděje, protože

tak to už je,

naděje není,

nu ano – tak to je

 Олег Лишега — український поет, драматург та перекладач. Перша його книжка під назвою «Великий міст» з'явилася у 1989 році, а вже через рік вийшла друком збірка «Оповідок давнього Китаю». У 1997—1998 роках Лишега відвідав Пенсильванський університет, отримавши стипендію Фулбрайта. Лишега — перший український поет, якого було нагороджено премією ПЕН-клубу за поетичний переклад.

Oleh Liseha

Lied 555

Eh es zu spät ist: geh mit dem Kopf durch das Eis!

Eh es zu spät ist: geh mit dem Kopf durch das Eis!

Brich durch, entrinne!

Dann hat die wunderbare Welt dich wieder!

Der Karpfen ist das gerade Gegenteil,

er strebt in die Tiefe, gründelt umher.

Der Karpfen ist dazu da,

dass man ihn früher oder später fängt.

Du aber bist Mensch und gehörst nicht in den Kescher.

Karpfen sind anders: Jahrhunderte im Schwarm.

Abtauchen in Sandbänken, dunkel und scheu,

um am anderen Ende wiederaufzutauchen.

Und unsere Zeit, schwimmt sie nicht seit Ewigkeiten hinterher?

Eine Flosse streift die andere … Weg ist sie!

Fühlst du dich alleingelassen? Du bist doch ein Mensch!

Nur nicht verzagen – du kommst allemal durch.

Eh es zu spät ist: Geh mit dem Kopf durch das Eis!

O du uferlose eingeschneite wunderbare neue Welt.

Мандрівка української поезії триває й вірші вирушають у нову пригоду,

на зустріч із новою країною та новим перекладачем...

Чекайте на звістки та нові дописи :)

9 травня, 2013 року.

Бортовий журнал проекту «Wordyssey»

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